Handelsforum

Zentren müssen Kunden zum Bleiben einladen Ruhr IHKs diskutieren über Innenstadtentwicklung

Unsere Innenstädte und Stadtteilzentren verändern ihr Gesicht und verlieren zunehmend ihre Funktion für die Versorgung. Dass Händler und Dienstleister, Werbegemeinschaften und Städte dieser Entwicklung mit neuen Ideen – aber auch mit vertrauten Angeboten – begegnen können, darüber diskutierten Experten aus Praxis und Wissenschaft am 15. März beim Handelsforum Ruhr der Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet. Die Niederrheinische IHK hatte dazu ins Lehmbruck Museum nach Duisburg eingeladen.
 
„Es ist noch nicht lange her, dass ich mit dem ernsten Gedanken spielen musste, unser traditionsreiches Spielwarengeschäft zu schließen“, berichtete Boris Roskothen, Inhaber des gleichnamigen Geschäfts. Er begrüßte die Gäste beim Handelsforum als Vizepräsident der Niederrheinischen IHK. Sein Familiengeschäft in der Duisburger Innenstadt litt unter dem veränderten Verhalten vieler Kunden, die ihre Einkäufe beim Discounter oder schnell im Internet erledigen. „Es bedarf keiner aufwendigen Analyse um zu verstehen, dass der mittelständische Einzelhandel mit Dumpingpreisen und einer schier endlosen Sortimentsbreite nicht mithalten kann. Wir haben uns auf unsere Stärken fokussiert und uns spezialisiert auf das, was wir besonders gut können: das Thema Gesellschaftsspiele. Heute bekommen Sie bei mir im Laden einige tausend verschiedene Brett- und Kartenspiele. Sie erhalten nicht nur die passende Beratung dazu, sondern wir schaffen ein Ambiente, das zum Verweilen und Spielen einlädt.“
 
Immobilienaufwertung als Schlüssel zum Erfolg
Neben der individuellen Ausrichtung von Geschäften, Cafés und Dienstleistungsangeboten, ist es zunehmend wichtig, die Innenstädte und Stadtteilzentren in Orte zu verwandeln, an denen sich Menschen gerne aufhalten, wo es gesellig ist und verschiedene Angebote zum Bleiben einladen. Wichtig dafür ist ein attraktives Erscheinungsbild der Gebäude, deren Umfeld und die Gestaltung der Ladenlokale. Das zeigten Architektur-Professor Andreas M. Krys von der EBZ Business School Bochum und Gert Heutelbeck am Beispiel Iserlohn. Der Geschäftsinhaber des Modehauses Basse & Uerpmann hat in den vergangenen Jahren in der Innenstadt Gebäude gekauft und gestalterisch aufgewertet. Damit wurden Impulse für weitere Gestaltungsmaßnahmen in der Innenstadt gegeben. Das neue Erscheinungsbild kommt gut an bei Kunden und Besuchern.
 
Fokus legen auf lebendige Kernlagen
In Duisburg soll dies unter anderem mit dem Innenstadtentwicklungskonzept umgesetzt werden. Darin sind bauliche Maßnahmen beschrieben, die die Innenstadt aufwerten sollen. Darüber hinaus wurde als Ergebnis eines Dialogprozesses der Pakt für die Innenstadt von Eigentümern, Händlern und weiteren Akteuren unterzeichnet. Hierin hat man sich auf vielerlei Maßnahmen verständigt, die eine Attraktivitätssteigerung der Innenstadt zum Ziel haben. Dabei wird sich die Stadt zukünftig auf die noch funktionierenden Kernlagen fokussieren. „Der Onlinehandel nutzt die Schwächen des stationären Handels aus. Wenn man ihm entgegentreten möchte, dann müssen Handel und Immobilieneigentümer in den Städten stärker kooperieren“, brachte es Andree Haack, Wirtschaftsdezernent der Stadt Duisburg, auf den Punkt.
 
Ideen gegen Leerstände
Um leere Ladenflächen für lokale und qualitativ hochwertige Angebote zu nutzen, hat die Stadt Geldern das Konzept des „Ausprobierladens“ in Kooperation mit der Niederrheinischen IHK und der Wirtschaftsförderung Geldern ins Leben gerufen. Einzelhändler, Dienstleister und Gastronomen, die neu im Geschäft sind, bekommen ein Angebotspaket aus günstiger Miete, Existenzgründungsberatung und Steuerberatung, stellte Tim van Hees-Clanzett, Wirtschaftsförderer der Stadt Geldern, einen weiteren Lösungsansatz vor.
 
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass keine Patentrezepte zu erwarten sind. Vielmehr müsse man sich im Klaren darüber sein, dass Innenstädte in Zukunft vielleicht kleiner, dafür aber hochwertiger und spezialisierter sind.
 
 
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BU: Boris Roskothen, Inhaber des gleichnamigen Geschäfts und Vizepräsident der Niederrheinischen IHK (v. l.) diskutierte beim Handelsforum Ruhr mit Experten aus Praxis und Theorie über die Zukunft des Einzelhandels.
 
Veröffentlicht 18.03.2019